Wo sich heute das Terrassenhaus Landskron und der Robinson Club einen der schönsten Strände des Ossiacher See teilen, stand einst das prächtige Grand Hotel Annenheim. Seine Errichtung im Jahr 1884 markiert gleichzeitig den Beginn des Tourismus am Ossiacher See. Es ist aber auch die Geschichte des dalmatinischen Hirten, Holzknecht und Köhlers Stefan Kleinszig, der es als Analphabet zu beträchtlichem Reichtum gebracht hat – Und dessen Frau Anna, der wir es zu verdanken haben, dass Annenheim zu seinem Namen kam.

In den 1840er Jahren kam der 1822 in Bate (das liegt in der Nähe von Görz in Slowenien) geborene Stephan Kleinszig als Almhalter zum Tabojer nach Pölling. Später als Holzknecht in Afritz heiratete er seine Anna und zog mit ihr als Köhlerehepaar in die sogenannte „Kohlenstör“. Da das Holz zur damaligen Zeit keinen rechten Wert hatte, stellten es die Bauern dem Köhler unentgeltlich zur Verfügung; Man war froh, Weideland zu erhalten.

Mit dem Bau der Südbahn (Marburg – Klagenfurt – Villach, 1863) und der Kronprinz-Rudolf-Bahn (St. Michael – Feldkirchen – Villach und weiter nach Tarvis und Triest, 1868) stieg die Nachfrage an Bau- und Bahnschwellenholz rapide an. Der „windische Holzknecht“ Stephan Kleinszig erfasste, als einer der wenigen in der Gegend, die wirtschaftlichen Möglichkeiten die sich durch den Bahnbau ergaben. Mit über hundert Holzknechten aus seiner alten Heimat wurden ganze Almen vom Baumbestand freigeschlägert.

So erwirtschaftete sich Kleinszig, der weder deutsch lesen noch schreiben konnte, ein beträchtliches Vermögen und erbaute nach Vorbild des Schloss Treffen den Schneeweißhof. Auf Anraten des Bezirkshauptmannes Weinländer von Villach entschloss er sich auch zum Bau eines großen Hotels am Ossiacher See, nachdem er zuvor eine Reise zum Studium von Fremdenverkehrsunternehmungen in die Schweiz und nach Italien unternommen hatte. Das Hotel wurde an der Südseite des Sees gebaut, weil dort der schönste Strand war.

Anna Kleinszig

Anna Kleinszig in einer Pferdekutsche vor dem Grand Hotel Annenheim. Das Foto stammt aus einer privaten Sammlung (Vielen Dank für die freundliche Genehmigung).

Anna Kleinszig

Die Frau, der Annenheim seinen Namen zu verdanken hat

Das Hotel erhielt den Namen „Annenheim“, benannt nach seiner Frau Anna. Dieser Name ging 1908 amtlich auf die vis-a-vis gelegene Ortschaft, die bis dahin „Obersattendorf“ hieß, über. Für das Hotel wurde eine eigene Haltestelle der „Kronprinz-Rudolf-Bahn“ eingerichtet (der heutige Bahnhof Annenheim).

Bis in die 1930er Jahre war das Grand Hotel Annenheim das feudalste Haus in der Umgebung: In vielen Berichten wird die beeindruckende Hotelhalle beschrieben und von honorigen Gästen berichtet. So findet sich z. B. im Freud Museum London eine Fotografie, die den Begründer der Psychoanalyse beim Urlaub am Ossiacher See zeigt. Die mit allem Komfort ausgestatteten 130 Zimmer des Hotels waren der Garant zur damaligen Luxusklasse zu gehören. Hier trafen sich bald Sommergäste aus den höchsten Kreisen der Gesellschaft. Was hier den Gästen geboten wurde, mutet regelrecht modern an. So wurde den Gästen eine hoteleigene Dampfbarkasse mit dem Namen Josef, welche 1888 bereits über 7000 Personen beförderte, für die Überfahrt vom Bahnhof in Annenheim zur Verfügung gestellt.

Außer der obligaten Badeanstalt gab es im großen Park eine Radfahrschule mit Hotel eigener Reparaturwerkstätte, eine Fechtschule, Equipagen und Kielboote zum Mieten, Tennis und Krocket, sowie eine Dunkelkammer zum Entwickeln von Filmen. Zur Unterhaltung der Gäste sorgten Gesellschaftsfahrten mit dem Dampfer, Konzerte, Liederabende, Tanzkränzchen und literarische Vorträge.

Um auch weniger betuchten Gästen einen Urlaub zu ermöglichen errichtete Kleinszig 1890 den „Seehof“. In diesem nahm der Villacher Ruderverein sein Klub-Lokal, obwohl er schon seit Mitte der 1880 Jahre seine Regatten vor dem Grandhotel abhielt.

Ruderregatta vor dem Grand Hotel Annenheim. Foto aus der Sammlung Fred Zorn.

Die Geschichte wäre filmreif:
Von der Fertigstellung bis zum Abriss des Grand Hotels am Ossiacher See

Noch vor der Fertigstellung des Grand Hotels Annenheim hatte Stefan Kleinszig seinen Sohn Mathias (geb. 1848) mit der Tochter des Gutsbesitzers Fasching bei Feldkirchen verheiratet und ihm aus diesem Anlass den Schneeweißhof und die Bergerhube in der Pölling übertragen. Mathias Kleinszig wurde mit seiner Frau zur Führung des dortigen Holzgeschäftes nach Triest geschickt. Nach Fertigstellung des Grand Hotels kamen die beiden Jungen dann wieder nach Kärnten, um das Hotel zu führen.

Es ergaben sich aber ständige Streitigkeiten zwischen Vater und Sohn – nicht nur deshalb, weil der Sohn bei weitem nicht so geschäftssüchtig war, wie „der Alte“, sondern auch deshalb, weil der Vater, damals schon 70-jährig, ein Verhältnis mit einer im Hotel tätigen, sehr tüchtigen Kellnerin angefangen hatte. Er wollte sich scheiden lassen und die Kellnerin, die inzwischen von ihm ein Kind bekommen hatte, heiraten. Die Scheidung scheiterte daran, dass er seiner ersten Frau Anna mangels Ehevertrages die Hälfte des Vermögens hätte vermachen müssen. Nach mehrjährigen Streitigkeiten, in denen Mathias vom Villacher Notar Tschebull sehr geschickt vertreten wurde, kam es schließlich zum Ausgleich zwischen Vater und Sohn: Mathias Kleinszig bekam alle im Bezirk Villach gelegenen Besitzungen, sein Vater aber übersiedelte auf das Feldkirchner Gut. Er hatte inzwischen in Wolschaft bei St. Veit an der Glan einen großen Waldbesitz gekauft und schließlich auch das Schoss Taggenbrunn, wo er sich ein neues Haus baute und als angesehener schwerreicher Mann mit seiner zweiten Frau und seinen neuen Kindern seinen Lebensabend verbrachte. Er starb im Jahr 1896.

Nach seinem Tod wechselte das Hotel mehr als 10 mal den Besitzer, bis es im Oktober 1942 als Lagerstätte für tausende Bücher aus der Zentralbibliothek der Hohen Schule von Berlin, die zum Schutz vor Bombenangriffen an den Ossiacher See gebracht wurden, verwendet wurde. Diese bis zu 700.000 Bücher umfassende Bibliothek (der Großteil wurde im fürsterzbischöflichen Konvikt Tanzenberg bei Klagenfurt untergebracht) wurde von den Nazis zum überwiegenden Teil von Privatpersonen und Institutionen geraubt.

Ein Jahr vor Ende des 2. Weltkrieges wurde das Hotel dann als Lazarett verwendet und mit Kriegsende von den Engländern beschlagnahmt. Nach dem Krieg dauerte es bis 1954, bis das Hotel wieder renoviert und eröffnet wurde und markiert damit auch den Beginn jenes Sommertourismus-Booms, der bis Mitte der 1970er Jahre anhielt.

1971 kam dann das Ende des altehrwürdigen Gebäudes – es wurde gesprengt. Nur das gut erhaltene Bootshaus aus Holz hat bis in die heutigen Tage überdauert und verströmt noch ein wenig Nostalgie!

INSIDER TIPP:

Unter dem nachfolgenden Link findet sich im Archiv von ORF.ON (TV-Thek) eine kurze Doku mit interessanten Augenzeugenberichten über das einst feudalste Haus am See und auch Filmaufnahmen der Sprengung im Jahr 1971.

Als der Ort noch K.u.K.-Flair ausstrahlte © ORF.ON

Viele weitere historische Bilder zu diesem Themen findet man unter den nachfolgenden Links:
Online Portal imBild.tv Sammlung historischer Ansichten von Mag. Hans Maurer
Sammlung historischer Ansichtskarten der Österreichischen Nationalbibliothek

(aus der Sammlung Ossiachersee Insider)

historisches Foto, 1902 (aus der Sammlung Fred Zorn)

historisches Foto, 1925 (Österreichische Nationalbibliothek)

historisches Foto, 1966 (aus der Sammlung Fred Zorn)

historische Postkarte (aus der Sammlung Fred Zorn)

historisches Anzeigensujet aus der Broschüre „Der Ossiacher See in Kärnten“
(1926, aus der Sammlung Ossiachersee Insider)